Zahn um Zahn Perfektion
Außer der großen Vielfalt gibt es ein weiteres Merkmal, das typisch ist für das Kundenspektrum von Liebherr-Verzahntechnik in Kempten: der hohe Qualitätsanspruch. Für das Finishing setzen die Allgäuer deshalb auf Rundschleifmaschinen von Kellenberger.
Das Produktportfolio der Liebherr Verzahntechnik GmbH mit Sitz in Kempten ist beeindruckend vielfältig. Es deckt Verzahnungstechnologien wie Wälzstoßen, Wälzfräsen, Wälzschälen, Wälz- und Profilschleifen, Anfasen und Entgraten zur Fertigung jeder Art von Verzahnungen ab. Die hochpräzisen Maschinen arbeiten in Branchen wie Aerospace, Automobilbau mit Zulieferern, Windkraft, Montanindustrie, aber auch Robotik und Medizintechnik. Für alle Branchen gilt: Die Kunden haben enorm hohe Qualitätsanforderungen. Schleifbearbeitungen an Maschinenteilen werden deshalb unter anderem auf Rundschleifmaschinen des Schweizer Herstellers Kellenberger ausgeführt.
Schleiftechnik ist die Keimzelle der Präzisionsfertigung
Tausende unterschiedliche Werkstücke enthält das Liebherr Baukastensystem, aus dem die Basismaschinenbaureihen mit Komponenten für die kundenspezifische Bearbeitung bestückt werden und so jede Maschine quasi zur Sondermaschine machen. Dabei kommt es durchaus vor, dass die Liebherr-Ingenieure für Bearbeitungsaufgaben der Kunden Lösungen entwickeln, die es im Markt noch gar nicht gibt. Das Schleifen ist die Königsdisziplin der spanenden Bearbeitung, die Schleiferei bei Liebherr damit so etwas wie die Keimzelle der Höchstpräzision für Kernkomponenten. Seit 2013 ist dieser Fertigungsbereich in einer neuen, klimatisierten Halle untergebracht − ein entscheidender Faktor für eine hohe Präzision in der Bearbeitung.
Wie in allen Produktionsbereichen bei Liebherr arbeiten auch in der Schleiferei ausschließlich spezialisierte Experten an den Maschinen. Gerd Eising, der Schleifereimeister, sein Kollege und Stellvertreter Jürgen Rimac und die sechzehn Mitarbeiter sorgen im Zweischichtbetrieb für die Einhaltung der hohen Qualitätssicherungsstandards. „Bei Liebherr steht ganz klar die Präzision im Vordergrund“, bestätigt Gerd Eising. „Bei 3 Mikrometern wird die Qualitätssicherung nervös; Unregelmäßigkeiten und Maßabweichungen von mehr als 3 Mikrometern bedeuten grundsätzlich einen Ausschluss.“
Deshalb ist es kein Wunder, dass man schon bei der Maschinenbeschaffung genau hinschaut. Für die Bearbeitung von Rundteilen entschied man sich schon vor Jahren für Universal Rundschleifmaschinen von Kellenberger. Im Jahr 1995 ging bei Liebherr-Verzahntechnik die erste Kellenberger Rundschleifmaschine vom Typ KEL Varia in Betrieb. Eine zweite Maschine mit einer Kelco-120er-Steuerung wurde im Jahr 2010 beschafft und speziell für das Unrundschleifen eingesetzt. 2014 folgten zwei weitere KEL-Varia-Maschinen, eine davon als Ersatz für die erste, inzwischen ausgemusterte. Die Teile, die auf den Maschinen geschliffen werden, sind von 5 bis 1500 mm lang.
Die Universal-Rundschleifmaschine KEL-Varia ist das Vorgängermodell der heutigen Premium-Baureihe Kellenberger 1000 und steht wie diese für höchste Bearbeitungs- und Oberflächenqualität. Über 1500 Maschinen dieser Baureihe sind weltweit inzwischen im Einsatz. Ihren Erfolg verdankt die Maschine ihrer hohen statischen und dynamischen Steifigkeit und Stabilität, beides ausschlaggebende Faktoren für hohe Präzision und große Produktivität. Das Leistungsspektrum der Varia orientiert sich an den Qualitätsanforderungen der Präzisionsfertigung von Prototypen sowie Klein- und Mittelserien.
precision manufacturing of prototypes, small and mediumsized series.
Gute Zugänglichkeit und einfache Programmierung als Pluspunkte
Die KEL-Varia-Maschinen sind mit Spitzenweiten von 1000/600 mm und mit einer Spitzenhöhe von 200 mm für Werkstückgewichte bis 150 kg konzipiert. Die Maschinen sind mit hydrostatischen Führungen in allen Hauptachsen für höchste Formgenauigkeiten bei Schleifaufgaben mit interpolierenden Achsen ausgestattet. Die B-Achse hat einen Direktantrieb. Der Revolver-Schleifkopf schwenkt damit etwa dreimal schneller als ohne und positioniert mit einer Genauigkeit von weniger als einer Winkelsekunde. Besonders dann, wenn die Bearbeitung das Einschwenken verschiedener Schleifscheiben erfordert, verkürzt das die Nebenzeiten und steigert somit die Produktivität. Die Gründe für die Entscheidung pro Kellenberger kann der gelernte Anwendungsschleifer und Programmierer Jürgen Rimac genau benennen: »Natürlich hatte auch der Wettbewerb gute Maschinen. Aber bei Kellenberger überzeugte uns eben nicht nur die Bearbeitungsqualität der Maschine, sondern auch die Zugänglichkeit zum gut strukturierten, aufgeräumten Arbeitsraum und vor allem die einfachere Programmierung, die normalerweise direkt an der Maschine von den Schleifern übernommen wird.« Auch für den gelernten Schleifer Jörg Bachmayer hat die einfache Programmierung der Kellenberger-Maschinen klare Vorteile: »Toleranztechnisch wird es hier in der Schleiferei nicht langweilig. Gute Programme erleichtern die Arbeit immens.« Die neueren KEL-Varia-Maschinen verfügen über die Programmierungsfeatures KEL-Soft und KEL-Assist, mit denen bestehende Programme leicht an veränderte Anforderungen angepasst werden können. Unterschiedliche fertige Softwarelösungen – BLUE Solution für einfache Werkstücke, RED Solution mit visualisierter Werkstückprogrammierung für komplexe Werkstücke in kürzester Bearbeitungszeit sowie BLACK Solution für das Erstellen von komplexen Konturen und Profilen – sind im Standard enthalten oder lassen sich optional einfügen.
Automatisierte Kellenberger 100 für relativ kleine Teile
Auch der jüngste Neuzugang in der Schleiferei, die Universal Rundschleifmaschine Kellenberger 100, verfügt über eine einfache Bedienerführung, die über eine intuitive Touchscreen-Oberfläche erfolgt. Die Maschinen sind ausgestattet mit der neuesten CNC Fanuc 31i mit 19“-Touchscreen – wahlweise mit neu konzipierter Zyklenprogrammierung oder werkstückbezogener grafischer Programmierung. Das Plattformkonzept der Kellenberger 100 bündelt als modulare Lösung bewährte Werkzeugmaschinenkonzepte der Hardinge-Gruppe, zu der die Marke Kellenberger seit Jahrzehnten gehört. Vielfältigste Konfigurationsmöglichkeiten für die unterschiedlichsten Schleifoperationen sind möglich. Um die Nebenzeiten möglichst niedrig zu halten, erfolgt die Programmierung der Kellenberger 100 größtenteils extern durch Jörg Bachmayer. Jürgen Rimac programmiert Unrundkonturen sowie alle Konturen, die in Schleifscheiben abgerichtet werden müssen, ebenfalls an einem externen Arbeitsplatz.
Auch die Kellenberger 100 ist mit Spitzenweiten von 1000/600 mm, einer Spitzenhöhe von 200 mm und für Werkstückgewichte bis 150 kg konzipiert. Die hohe Antriebsleistung der Schleifscheibe sorgt für eine erhöhte Produktivität, die neu entwickelte Z-Führung für eine große Profilgenauigkeit. Die C-Achse mit Direktantrieb ermöglicht eine höhere Genauigkeit beim Unrundschleifen als üblich. Zu den technischen Highlights der Kellenberger 100 zählen ein innovativer Kompaktschleifkopf (zehn Varianten, 11,5 kW Antriebsleistung, 500mm Scheibe bis 63 m/s, HF-Spindeln für das Innenschleifen einschließlich Diagonal und Tandem-Anordnung), ein kollisionsfreier Universalkopf mit drei Werkzeug- und einer Messposition sowie eine neue Messtaster-Anordnung ohne Schwenkmechanismus für eine erhöhte Messgenauigkeit. Ein Synchronreitstock ermöglicht die Komplettbearbeitung von Wellen ohne Mitnehmer, das heißt, das Werkstück kann über die gesamte Länge komplett bearbeitet werden.
Maßgeschneiderte Paletten-Automation
Automatisierung ist ein großes Thema in der Schleiferei, denn neben den zwei regulären Schichten wird eine halbe Schicht mannlos gefahren. Die Flexibilität der Kellenberger 100, ergänzt um eine zeitgemäße Automatisierungslösung WeFlex des Schweizer Automationsspezialisten Wenger, die er speziell an diese Werkzeugmaschine angepasst hat, kommt dem genannten Anspruch entgegen und spielte für die Kaufentscheidung eine entscheidende Rolle. Der Lader für Futter- und Wellenteile mit eigener Programmierung fasst 40 bis mehrere hundert Teile. Die Losgrößen reichen in der Schleiferei von Stückzahl 1 bis 100, in seltenen Fällen auch einmal bis 200 Stück. »Ab 5 Stück lohnt es sich schon, über den Lader zu gehen«, sagt Jörg Bachmayer. »Auch Exzenterbolzen beladen wir über den Lader.« Auf die Frage, warum Kellenberger immer wieder den Zuschlag erhält, antwortet Gerd Eising: »Das ist kein Automatismus. Wenn eine Maschine beschafft werden soll, werden immer alle in Frage kommenden Maschinenhersteller einbezogen. Die Maschine mit der geeignetsten Technologie und dem besten Preis-/Leistungs-Verhältnis erhält dann den Zuschlag. In Kellenberger haben wir einen kompetenten Ansprechpartner in allen technischen und Servicefragen. Der After-Sales-Service für die Kellenberger-Schleifmaschinen kommt aus der Schweiz, und die Produktionsstätte in St. Gallen liegt praktisch um die Ecke.« Gut möglich also, dass auch die nächste Schleifmaschine in Kempten eine Kellenberger ist.
Andrea Jäger is a freelance journalist in
Murrhardt/Germany
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